Kolloquium: Epochengeschichte
Wann |
10.02.2021 von 18:15 bis 20:00 |
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Wo | Digital via Zoom |
Teilnehmer |
Katharina N. Piechocki (Comparative Literature, Harvard) Kolloquiumsleitung: Martina Backes, Frank Bezner, Eva von Contzen, Racha Kirakosian |
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Dieser Vortrag beschäftigt sich mit der Frage nach Epidemien und dem Ende der Vormoderne. Inwiefern sind Epidemien an Epochen gebunden, inwieweit läuten sie das Ende, bzw. den Anfang von Epochen ein? Die Syphilis, erstmals in den ausgehenden Jahren des 15. Jahrhunderts, d.h. dem Zeitalter der sogenannten großen geographischen „Entdeckungen“, verzeichnet, wird von Forschern als „erste globale Epidemie“ bezeichnet und eignet sich bestens, die Spannung zwischen Vormoderne und früher Neuzeit zu verhandeln. Das Wort „Syphilis“ wurde vom italienischen Arzt, Geographen und Dichter Girolamo Fracastoro im ersten frühneuzeitlichen, die „Entdeckung“ Amerikas thematisierenden Epyllion, Syphilis sive morbus gallicus (1530), erfunden, wo es auf unerwartete Weise epidemiologisches, geographisches und sprachliches Wissen vereint: Es verzeichnet den Übergang von Allopathie zur Homöopathie, siedelt den Ursprung der Syphilis sowohl in der Antike als auch der Vormoderne an und distanziert sich von der Praxis, Epidemien mit nationalen Attributen zu versehen (morbus gallicus, morbus neapolitanus, usw.). Fracastoro legte als erster den Ursprung der Syphilis nicht geographisch fest, sondern siedelte ihn an einem unbestimmten Ort zwischen Europa und der Neuen Welt an und drückte diese Unbestimmtheit durch einen Neologismus, Syphilis, aus.